31. August 2023
Nicola Beer MdEP und Michael Limmer
Ein Kommunalpolitiker auf Abwegen oder doch ein notwendiger Austausch sich verfremdeter politischer Ebenen? Als Landtagskandidat und Jugendbeauftragter der Stadt Dingolfing Michael Limmer (FDP) auf Einladung kürzlich das Parlament der Europäischen Union in Brüssel streifte, prallten definitiv politische Welten aufeinander.
Ein in der Gesellschaft oft als regelwütig missverstandenes Europa trifft auf den niederbayerischen Pragmatismus und das gelebte Miteinander, das kommunal in Bayern noch immer großgeschrieben wird. „Auch deshalb war mir ein Besuch in Brüssel so wichtig. Es wird häufig nur über die EU und deren Entscheidungsträger gesprochen, auf Landes- und selbst auf Bundesebene aber nur selten mit den dortigen Abgeordneten“, erläutert Michael Limmer seine Beweggründe. Doch auch auf europäischer Ebene fand diese Idee durchaus Gehör, schließlich nahm sich unter anderem Nicola Beer (FDP), Vizepräsidentin des Europaparlamentes, Zeit für einen Austausch mit dem Besuch aus Dingolfing.
Im Amtssitz der Fraktion „Renew Europe“, zu der die deutschen Parteien FDP und Freie Wähler zählen, unterhielten sich Beer und Limmer dabei in kollegialer Atmosphäre über die anstehenden Landtagswahlen in Bayern, aber auch die Europawahl 2024.
**Liberale Handschrift klar erkennbar **
Inhaltlich informierte Beer Limmer über die politischen Schwerpunkte ihrer liberalen Fraktion, die mit 101 Mitgliedern die drittgrößte Fraktion nach den Konservativen und Sozialdemokraten darstellt und als solche unter anderem den Fachkräftemangel ganz oben auf die politische Agenda gesetzt hat. „Gemeinsam haben wir zum Beispiel den Europäischen Talentpool zur Steuerung der Zuwanderung von Fachkräften durchgesetzt, um qualifizierte Arbeitskräfte aus dem Ausland mit offenen Stellen in der EU zusammenzubringen. Jetzt gilt es, die liberalen Vorschläge und Ideen aus dem EU-Parlament in den Mitgliedsstaaten erfolgreich umzusetzen“, führte die ehemalige Generalsekretärin der FDP aus. „Auch wenn Brüssel vom Wahlkreis Dingolfing aus betrachtet Lichtjahre entfernt scheint, sind die Streitthemen doch oft sehr ähnlich“, stellte Limmer schnell fest.
Denn ebenso wie im Bund setzt sich die FDP auch auf europäischer Ebene gegen das Aus konventioneller Heiz- und Mobilitätsmethoden und für technologieoffene, praktikable und bürgernahe Alternativen ein. Hierbei werden zudem die zur Verfügung stehenden Hebel im Rat der Europäischen Union genutzt. Beer bestätigt, was Limmer aus regelmäßigen Treffen mit Vertretern aus Gesellschaft, Politik und Wirtschaft, zum Beispiel der BMW Group berichtet: „Nur mithilfe einer technologieoffenen Forschungs- und Entwicklungsarbeit kann die Wirtschaftskraft und der Wohlstand Niederbayerns erhalten und gleichzeitig effektiver Klimaschutz betrieben werden.“ Ebenfalls zur Sprache kam Beers Rolle als Vizepräsidentin und Präsidiumsmitglied des Europäischen Parlaments. Bei der Leitung von Plenardebatten würden insbesondere von der ID-Fraktion, der auch die Alternative für Deutschland (AfD) angehört, häufig die parlamentarischen Grenzen ausgetestet. Dabei werde immer wieder auf das Mittel der Provokation gesetzt, ohne jedoch konstruktive Vorschläge zu unterbreiten.
„Die Welt wartet nicht auf uns“
Neben Vizepräsidentin Nicola Beer interessierten sich auch weitere FDP-Abgeordnete spontan für den Besuch aus Niederbayern und wünschten wie beispielsweise Moritz Körner (Nordrhein-Westfalen) Limmer viel Erfolg bei den anstehenden Landtagswahlen. Körner profilierte sich in Brüssel dabei vor allem als Spezialist für digitale Sicherheit und den Umgang mit der Volksrepublik China hinsichtlich digitaler Dienstleistungen und Anwendungen. Besonders viel Zeit nahm sich indes auch Svenja Hahn (FDP Hamburg), welche sich an den EU-Standorten Brüssel und Straßburg vor allem mit dem Freihandel auseinandersetzt. Mittels ausstehender Freihandelsabkommen mit Neuseeland, Australien und Indien (ausgenommen Agrarsektor) soll auch über diesen Handlungsstrang dem Fachkräftemangel in der Europäischen Union entgegengewirkt werden. „Schließlich wartet die Welt nicht auf uns. Wir ziehen unsere weltpolitische Rolle aus unserer wirtschaftlichen Stärke“, brachte es Hahn folglich auf den Punkt.
Ein Europa des Miteinanders
Daraus folgt auch das FDP-Mantra des Bürokratieabbaus. „Wir legen uns mit Berichtspflichten nur selbst die Fesseln an. Das gilt auf Landesebene ebenso wie in der EU“, zieht Limmer einen weiteren Vergleich, der die inhaltliche Nähe der politischen Ebenen verdeutlicht. „Auch die Kommission arbeitet an dieser Problematik noch viel zu behäbig.“
Die Stippvisite in Brüssel abschließend erhielt Michael Limmer von den Abgeordneten der Renew-Europe-Fraktion noch eine Führung durch das Brüsseler Parlamentsgebäude. Nach dem eindrucksvollen Rundgang durch den Sitzungsaal, die Mediensäle und den Amtssitz der Fraktion beendete der Landtagskandidat seinen Besuch mit einem klaren Statement: „Die Probleme sind oft analog zu denen auf anderen politischen Ebenen. Europa funktioniert in der geopolitischen Gemengelage zwischen den USA, Russland und China aber nur im Miteinander. Ich sehe meine Aufgabe deshalb darin, auf kommunaler und bayerischer Ebene künftig die Arbeitsweise der europäischen Ebene zu erklären, Gemeinsamkeiten zu betonen und die Errungenschaften für alle verständlich zu machen.“